Leseprobe
aus dem Buch (monatlich wechselnd): Abschnitt 5.4, Seite 92-93, von Rainer Kopp
Aber wie sollten wir miteinander reden?
Wir haben in unserem Leben gelernt – Expert:innen- wie Politiker:innen-Runden bestärken uns darin immer wieder – dass wir in Diskussionen gute (Gegen-)Argumente vorbringen müssen. Dort geht nämlich darum zu überzeugen, ob im kleinen Scharmützel oder in einer großen Runde. In unseren Gesprächen geht es darum nicht – zu gewinnen. Es gibt nämlich nicht die eine Lösung für ein komplexes Problem, das von den schmelzenden Eisbergen bis in unsere alltäglichen Lebensgewohnheiten reicht. Und: In einer Diskussion, die um den Sieg des besten (?) Arguments geführt wird, gehen die guten und klugen Gedanken derjenigen unter uns verloren, die sich nicht trauen zu sprechen.
Denn es geht in unseren Gesprächen darum, gemeinsam zu denken! Dabei ist getrost davon auszugehen, dass niemand im Kreis über „die ganze Wahrheit“ verfügt. Es geht vielmehr darum, die Erkenntnisse der Einzelnen zusammenzubringen, um „der Wahrheit“ ein bisschen näher zu kommen. Eine Erwiderung auf ein Argument bringt weniger, als nach den Hintergründen des Arguments zu fragen, nach den Erfahrungen, Erkenntnissen, Gefühlen, die dahinter stehen. Bei dieser Art von Gesprächen erfahren wir mehr über uns, als in einem Gespräch, in dem es darum geht, wer Recht hat. Wir erfahren mehr über das, was uns für ein gutes Leben wirklich wichtig ist, und wie wir das erhalten oder gewinnen können...